Durchdacht. Spanische Wissenschaftler haben, unterstützt vom norwegischen Srvé-LIVE-Projekt, begonnen, den Plastikgehalt der Weltmeere drastisch zu reduzieren. Zum Einsatz kommen genmanipulierte sogenannte Limpiarquallen (span. "Filterquallen"), deren herausragendste Eigenschaft es ist, Mikroplastik aufzunehmen und in einem einzigartigen Prozess mithilfe von aus Sonnenlicht generierter Energie zu größeren kugelartigen Gebilden zu verschmelzen. Diese sind stark komprimiert und massereich, sodass sie im Wasser sinken. Die Energiedichte der Gebilde ist sehr hoch. Die Wissenschaftler haben bereits Proben an die Labore des Srvé-LIVE-Projekts weitergegeben, wo mit Hochdruck an weiterführenden Verwendungsmöglichkeiten geforscht wird. Die Qualle scheidet das Gebilde am Ende des Prozesses aus.
Vor Fressfeinden schützen die Wissenschaftler ihre Plastiksammler-Quallen mit einer neuartigen Membran aus UV-durchlässigem Material, welche den Quallen erlaubt, sich in einer Art Aquarium unter Wasser zu bewegen. Die Membran ist innerhalb weniger Jahre biologisch abbaubar. So lange, betonen die Forscher, wäre aber eine einzige Sammelarche (so die Bezeichnung für das Konstrukt aus Käfig und Quallen) keinesfalls im Einsatz. Die von den Tieren ausgestoßenen Gebilde sinken ab und sammeln sich im unteren Teil der Membran. Diese ist mit einem Tiefendrucksensor ausgestattet, welcher bei starkem Absinken Gegenmaßnahmen in Form von Luftdrucktanks ähnlich wie bei einem U-Boot einleitet. Erreichen die nun aufgefüllten Schwimmer die Oberfläche, werden Sender aktiv und die Sammelarche kann innerhalb eines Zeitraums von etwa drei bis sechs Monaten geborgen werden. "Mehr als genug Zeit für ein autonom fahrendes Sammelschiff, das wir bereits mit einer Gruppe Ingenieure der TU-Berlin entwickeln", sagt Dr. Ines Izan, die Teile des Projekts selbst aus dem Boden gestampft hat. 'Wir hoffen nur, dass die Deutschen hier etwas schneller sind als mit ihrem Flughafen - wir kommen nämlich ausnehmend gut voran' - sagt sie weiter mit einem Lächeln.
Die Quallen sind übrigens nicht fortpflanzungsfähig, auch wenn sie im Labor extrem leicht zu züchten sind. Wie das geht verrät man uns nicht, ein paar Geheimnisse müssen bleiben. Im spanischen Málaga und einigen anderen Küstenstätten werden bereits Büros zur Koordination und Zuchtlabore eingerichtet. Es werden jedoch alle Anstrengungen unternommen, um den Verlust von Sammelarchen durch äußere Einflüsse wie Schiffsverkehr oder Stürme für die Umwelt so unproblematisch wie möglich zu gestalten. Denkbar wären auch fest installierte Quallenarchen mit automatisierten Auffangbehältern für das aufgefangene und umgewandelte Plastik. Man könne sie vor Küsten oder bei Hafenbecken aufstellen und regelmäßig mit neuen Quallen bestücken.
Dr. Izan führt weiter aus, dass die Quallen zwar derzeit hauptsächlich in eher wärmeren Gewässern überleben können, jedoch bereits an widerstandsfähigeren Tieren geforscht werde. Ebenso könne auf Dauer voraussichtlich die Größe der Plastikpartikel erweitert werden, die die Quallen aufzunehmen vermögen. Derzeit sind maximal etwa 1,74 mm möglich. "Kommen wir an den Punkt, dass bis zu 6 mm verarbeitet werden können", so Dr. Izan, "wäre es möglich, den atlantischen Müllstrudel einfach zu schreddern, während man einige Quallenarchen hinter sich herzieht." - So enthusiastisch sie sich anhört, warnt Dr. Izan jedoch vor vorschnellem Optimismus: Es muss noch viel entwickelt und geforscht werden und wirklich ernsthafte Ergebnisse erwarte sie erst in ein paar Jahren. Dennoch - und hier lächelt sie wiederum verschmitzt - "das Geld ist da, wir haben ein Crowdfunding eingerichtet, das ein paar sehr wichtige Leute entdeckt haben." Wer das genau sein soll, verrät sie aber wieder einmal nicht.
(dma)